Als ich 1986 in der DDR war, in der Gegend von Halle und Aschersleben, da habe ich mich gefragt, warum zeigt bei uns keiner das Bild dieser von Braunkohle-Staub überpuderten, zu Ruinen heruntergegekommenen Innenstädte? Weil es nicht opportun war, politisch nicht korrekt gewesen wäre? Wahrscheinlich. Das Offensichtliche, das man leicht hat sehen können und das dann bei der Wiedervereinigung diese wahnsinnigen Kosten verursacht hat, es wurde einfach ausgeblendet. Nehmen wir einmal als Axiom für den politischen Diskurs: Ausblenden von offensichtlichen Tatsachen ist nie gut.
Der türkische Ministerpräsident und "die Türkei" wollen eine EU-Vollmitgliedschaft. Keiner, wenn ich die Zeitungen nicht ganz und gar unvollständig lese und das Fernsehen halbwegs richtig schaue -- keiner der Wohlmeinenden und "Weltoffenen" nach der Art des Bundespräsidenten Christian Wulff sagt aber, was das für Konsequenzen hätte: Das Niederlassungsrecht innerhalb der EU würde wieviel Prozent von Zuzug aus der Türkei bedeuten? Wann beginnen die demographischen Entwicklungen dann dahin zu führen, dass die Bundesrepublik mit einer Übergangszeit von 30 Jahren kulturell und politisch zu einem Teil der Türkei wird?
Das ist rechts und reaktionär? Quatsch! Rechts und reaktionär, das sind Wortkeulen, keine Argumente. Lassen wir das einfach! Erst einmal fragen wir, ob es nicht so ist. Und selbst, wenn es nicht so ist, enthält dieses Szenario doch Befürchtungen, die ich gewiss nicht allein habe. Warum also spricht die Sache niemand schlicht und aufrichtig an?
Und natürlich steht im Hintergrund solcher Überlegungen auch das Bewusstsein: Hätten wir die Probleme des 'großen allgemeinen Euro' -- die einige, im Gegensatz zu den Türkei-Argumenten, ja vollkommen klar formuliert seinerzeit auf den Tisch gelegt haben --, wenn wir diese Argumente ernst genommen hätten, es wäre uns dieser Schlamassel von heute erspart geblieben. Müssen wir eigentlich zukünftige Großprobleme, die die Grundlagen des europäischen Gedankens und des politischen Handeln zusprengen, durch politisch-korrekte Nicht-Wahrnehmung immer wieder herbeibeschwören?