Dienstag, 25. März 2014

Liebe CHIP ...

... auf der Umschlagseite deines Hefts 03/2014, für 7 Euro, nebenbei gesagt, steht die schöne Einfangzeile:


"NSA-Spione? Nein, danke!

Was Geheimdienste planen und wie Sie zurückschlagen"


Zurückschlagen! Wow!

Wollen wir gemeinsam mal ein wenig nachdenken? Und ich rede dabei gar nicht von Bauernfängerei, sondern, siehe oben, nur von einer 'Einfangzeile'.

Nun mal Butter bei die Fische!

ad 1: Die NSA gegen CHIP und die Käufer des Heftes 03 aus dem Jahre 2014. Wenn die CHIP und ihre Käufer da auch nur den allerleisesten Hauch einer Chance hätten, müsste sich die NSA einer überaus heftigen internen Untersuchung stellen. Das wird nie geschehen. Nein, jeder kann davon ausgehen, dass die CHIP da keine Chance hat.

ad 2: Das alte, immer wieder schön dümmliche Datenschützer-Spiel: Weil sich viele Menschen mit Namen Hinz oder Kunz so überaus wichtig nehmen, glauben sie, die NSA würde sich für sie, ja, für sie ganz persönlich interessieren. Man kann nur mit Ernst Jandl sagen: 'Werch ein Illtum!' Herr Hinz und Frau Kunz sind der NSA sowas von schnuppe, dass es diesen Nicht-Betroffenen, die sich persönlich auf einer Stufe mit Brad Pitt oder wenigstens mit Barack Obama sehen, vielleicht peinlich ist. Aber es ist halt so. Kein Interesse seitens der NSA. (Es kann sein, dass der NSA-Angestellte Edgar Iceden ein kleines Programm geschrieben hat, das zu seinem privaten Vergnügen Mails aussortiert und ihm vorlegt, wenn Herr Hinz seine Frau mit seiner Sekretärin Frau Kunz betrügt. Aber dieses Programm funktioniert nur bei englischen Mails. Ehebruch-Mails, wenn auf Deutsch geschrieben, sind zuverlässig geschützt.)

ad 3: Selbst wenn es sich bei Hinz und Kunz um Scherzkekse handelt, die, um die Aufmerksamkeit der Geheimdienste zu testen, gerne mal die Wörter Bombe und Flugzeug kombinieren -- das Sub-Programm Jokester der NSA filtert unsere Witzbolde zuverlässig heraus, sodass sie nie auf irgendeinem Bildschirm auftauchen.

Also, unterm Strich: Liebe CHIP, was soll der Quatsch?

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Das hatte ich hier schon mal geschrieben: Warum fragt eigentlich bei den wirklich wichtigen Leuten -- das Handy der Bundeskanzlerin u. ä. -- keiner, wo denn da die deutschen Sicherheitsfachleute der Regierung waren? Ich meine, was die NSA kann, kann der chinesische und russische Geheimdienst allemal. Es gibt doch auf dieser hohen Ebene eine Pflicht der dortigen Fachleute, die wichtigen Belange der Bundesrepublik zu schützen. Es kann nicht mit schnellem Lamento immer nur der Angreifer im Blick sein.

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Nachtrag (26.03.2014. 08:53): Der stellvertretende Chefredakteur Andreas Hentschel schreibt in dieser Sache auch das Editorial dieses Hefts. Eine Kritik an der Bundesbeauftragten für Datenschutz, Andrea Voßhoff. Die das Problem der mitgelesenen Mails 'offenbar kalt ließ'. Darunter die E-Mail-Adresse von Andreas Hentschel. -- Wie macht er das? Ich meine, die Mails zu lesen, die da eingehen? Geschätzte Zahl: ca. 1.500. Ich vermute mal, er liest sie einfach nicht. Oder lässt sie von fünf Praktikanten lesen und mit drei möglichen, individuell gestalteten Textbausteinen beantworten. Rubriken: Zustimmende Mails, ablehnende Mails, Sonderfälle. "Vielen Dank für Ihre Mail! ..." Die Kunst ist, die Antworten so allgemein zu halten, dass es individuell klingt. -- Was ist daran schlimm? Nur dies: Dass wir umgeben sind von einem Wirklichkeiten vorspiegelnden Nicht-Realismus, der einfach erstaunlich ist. -- Ein P. S. zum Nachtrag, nur zur Sicherheit: Das mit der Anzahl der Mails, den Praktikanten usw. ist natürlich reine Spekulation. Aber: Von meiner Seite ironisch oder gar zynisch gemeint ist das nicht.

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Zu meiner großen Überraschung: Andreas Hentschel hat tatsächlich geantwortet. Sachlich, gekonnt, aber ohne auf eine Sache einzugehen: Dass jeglicher Schutz gegen Überwachung und Kontrolle eben nicht nur den Normalos zugute kommt, sondern auch Kriminellen, Terroristen, den Vertretern dunkler Machenschaften jeder Art. Ich glaube, der Normal-User, der sich nicht zu Wort meldet, empfindet das so.