Sonntag, 26. August 2018

"Brückeneinsturz in Genua"

Eine ausführliche Darstellung in der ZEIT. (Online nur für Abonnenten.) Von Moritz Aisslinger, Dirk Asendorpf, Federico Fubini, Ulrich Ladurner, Laura Meda und Mark Schieritz: DIE ZEIT Nr. 35 / 23. August 2018.

Man sieht, wie weit die groben Einteilungen der eigenen Meinung von der differenzierten Darstellung nach gründlicher Recherche abweichen. Hier nur ein Punkt:

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Kann man die Erbauer der Brücke dafür [für den Einsturz] verantwortlich machen? Morandi [der Planer der Brücke] ignorierte das Problem [des stark anwachsenden Verkehrs] jedenfalls nicht. 1979 schrieb er in einem Bericht für die Internationale Vereinigung für Brücken- und Hochbau, dass der zunehmende Schwerlastverkehr zu enormen Schäden an der Struktur des Polcevera-Viadukts führen könne. Die Meeresluft und Abgase von einem nahen Stahlwerk, warnte Morandi, hätten bereits zu einem "bekannten Verlust der chemischen Oberflächenresistenz des Betons" geführt. Die Konstruktionsweise der Brücke sei zuverlässig, aber "früher oder später, vielleicht in ein paar Jahren, wird es nötig sein, eine Behandlung anzuwenden, die aus der Entfernung von allen Rostspuren besteht".

Ob irgendein Angestellter des Transportministeriums den Bericht jemals in den Händen hielt, weiß Ferrari nicht. Es hätte wohl auch nichts genutzt – jedenfalls denkt Ferrari das. "In den Behörden für Bauwesen und Transport saß schon immer ein Haufen Inkompetenter, die alle keine Ahnung von der Materie haben", sagt er.

1979 kümmerte sich keiner um Morandis Warnungen, und als fast vierzig Jahre später in einem Prüfbericht stand, zehn bis zwanzig Prozent der Stahlseile seien von Rost befallen, wiederholte sich dieses Versagen auf tragische Weise. Ein Expertengremium diskutierte den Prüfbericht im Februar dieses Jahres, stellte fest, dass es "einen langsamen Verfallstrend der Spannseile" gebe und reichte das Papier ans Transportministerium weiter. Die Behörden mahnten daraufhin nur unbedeutende Arbeiten an – die Beleuchtung der Brücke müsse verbessert werden. Den Verkehr ließen sie aber weiterfließen. Er floss bis zum 14. August, 11.36 Uhr.

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