Montag, 4. April 2011

Zahl und Sprache

Eine der geheimnisvollsten Äußerungen Rilkes gehören die Worte: "... und vernichte die Zahl"

Warum sollte man das tun? Und wie könnte man das denn anstellen -- "die Zahl" -- nicht die Zahlen! --vernichten? Und was wäre die Folge, wenn man es denn hinbekäme?

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Lesen wir im Zusammenhang:

Sonette an Orpheus XIII

Sei allem Abschied voran, als wäre er hinter
dir, wie der Winter, der eben geht.
Denn unter Wintern ist einer so endlos Winter,
daß, überwinternd, dein Herz überhaupt übersteht.

Sei immer tot in Eurydike -, singender steige,
preisender steige zurück in den reinen Bezug.
Hier, unter Schwindenden, sei, im Reiche der Neige,
sei ein klingendes Glas, das sich im Klang schon zerschlug.

Sei - und wisse zugleich des Nicht-Seins Bedingung,
den unendlichen Grund deiner innigen Schwingung,
daß du sie völlig vollziehst dieses einzige Mal.

Zu dem gebrauchten sowohl, wie zum dumpfen und stummen
Vorrat der vollen Natur, den unsäglichen Summen,
zähle dich jubelnd hinzu und vernichte die Zahl.

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